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Antrag: | EU Außenpolitik - Eine Union für den Frieden (NEU) |
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Antragsteller*in: | Michael Jöde |
Status: | Modifiziert übernommen |
Eingereicht: | 24.07.2018, 10:57 |
Antrag: | EU Außenpolitik - Eine Union für den Frieden (NEU) |
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Antragsteller*in: | Michael Jöde |
Status: | Modifiziert übernommen |
Eingereicht: | 24.07.2018, 10:57 |
Die Bundesrepublik,Deutschland und mit ihr zahlreiche andere europäische Staaten, haben große Fortschritte im Bereich der zivilen Krisenprävention und Konfliktbearbeitung gemacht. Frühwarnsysteme werden endlich koordiniert, Fachkräfte teilweise gemeinsam ausgebildet und Polizei und Justiz mehr und mehr in die Lage versetzt, bei zivilen Einsätzen ihren Beitrag zu leisten.
Grüne europäische Außenpolitik ist immer auch Friedenspolitik
Bündnis 90/Die Grünen sind eine proeuropäische Partei, eine, die den
europäischen Einigungsprozess in der EU aber auch die Prozesse in Europa, die
nicht in der EU stattfinden, mitgestalten will. Das allein ist schon zum Merkmal
geworden in einer Zeit, in der auch die deutsche Bundesregierung auf eine
Renationalisierung der Politik setzt, europäische Spielregeln missachtet und
rechtspopulistische und rechtextreme Parteien in Deutschland und anderen
Mitgliedstaaten ihre Anliegen nicht mit der, sondern gegen die EU umsetzen
wollen. Sie stellen eine ganze Regierungsebene in Frage. Für uns Grünen ist die
europäische Ebene nicht verhandelbar, können doch Herausforderungen der Zukunft,
die wir als Grüne sehen, wie der Klimawandel, der sozial-ökologische Umbau der
Weltwirtschaft und die festigen demokratischer Gesellschaften nur mit-, niemals
gegeneinander in Europa gelingen.
Europa erfindet sich neu - reden wir mit!
Die Vereinigten Staaten haben viele Jahre die Weltpolitik dominiert wie keine
andere Macht. Das US-Militär ist das schlagkräftigste, die Wirtschaft nachwievor
stark aber das politische Gewicht der USA und die transatlantische Verbindung
stehen seit Präsident Trump wie nie zuvor zur Disposition. Die EU reagiert, auch
im Lichte des Brexit, mit einer Suche nach neuer, europäischer Stärke und findet
- wie die Prozesse rund um die PESCO zeigen, ihr Potenzial im Militärischen.
Die Forderung von manchen, dass die EU nun auch eine Großmacht werden soll
lehnen wir ab. Die EU ist eine Zivilmacht und muss ihre Aktivitäten auf den
Frieden richten. Wir Grüne sehen das historische Potenzial Europas als
Friedensort nach innen und Friedensmacht nach außen. In Zeiten der sich
verändernden gloablen Machtverähltinsse muss es die Aufgabe Europas sein,
politisch, diplomatisch und zivil für eine friedlichere Welt und internationale
Ordnung zu streiten. Die europäische Geschichte lehrt, dass nicht einseitige
Aufrüstung und Militarisierung Frieden bringen, sondern gemeinsame
Institutionen, Multilateralismus und die Suche nach Einigung, trotz großer
Interessenkonflikte.
Grundsätzlich stehen wir dem Instrument einer ständigen strukturierten
Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen (PESCO) nicht ablehnend gegenüber. Doch
sie muss der Abrüstung, dem Schaffen von Synergien dienen, nicht der Aufrüstung.
Und sie kann nicht die alleinige Antwort auf Herausforderungen der
Sicherheitspolitik sein. PESCO, so wie es nun ausgestaltet ist, hat einen
deutlichen Überhang für industriepolitische Verteidigungspolitik. Der Haushalt,
den das EP in Begleitung von PESCO aufgesetzt hat, wird voraussichtlich im
Blickfeld eines engen Sicherheitsbegriffs, nicht im Sinne der Menschlichen
Sicherheit (Human Security) gestaltet. Pooling und Sharing von
Verteidigungskapazitäten in der Europäischen Union sind sinnvoll, sie dürfen
aber nicht zum Verkaufsargument für die Erhöhung von Militärausgaben und einer
Militarisierung der Europäischen Union genutzt werden.
Zudem muss das Europäische Parlament (EP) in außenpolitischen und Fragen von
Frieden und Sicherheit mehr Einsicht in die Prozesse und
Mitsprachemöglichkeiten, langfristig auch Entscheidungsbefugnisse, haben. Dort,
wo eine parlamentarische Kontrolle möglich ist, müssenschon jetzt
Entscheidungen, die die Außen- und Verteidigungspolitik betreffen transparenter
gestaltet werden um in breiter (Fach-) Öffentlichkeit diskutiert werden zu
können.
Europas Stärken müssen Diplomatie, Prävention und zivile Konfliktbearbeitung
sein
Die Bundesrepublik,Deutschland und mit ihr zahlreiche andere europäische Staaten, haben
große Fortschritte im Bereich der zivilen Krisenprävention und
Konfliktbearbeitung gemacht. Frühwarnsysteme werden endlich koordiniert,
Fachkräfte teilweise gemeinsam ausgebildet und Polizei und Justiz mehr und mehr
in die Lage versetzt, bei zivilen Einsätzen ihren Beitrag zu leisten.
Doch es bleiben auch noch viele Baustellen offen. Von einer kohärenten EU-
Außenpolitik und einer kohärenten, vollständig koordinierten Krisenprävention
aus der EU sind wir weit entfernt. Die Fachkräfte sind da aber es sind zu wenige
- schon für bestehende Projekte. Dazu kommen viele EU-Politiken, die
Kriegsökonomien fördern, Entwicklung verhindern und Konflikte verschärfen.
Diesen Politiken muss ein Ende gesetzt werden, sonst arbeitet die EU gegen ihre
eigenen friedenspolitischen Ziele. Die jetzige Außenpolitk der EU im
Zusammenspiel mit der Außenpolitik der Mitgliedssstaaten ist insgesamt ein zu
kleiner Teil der Lösung und noch immer ein zu großer Teil des Problems, wenn es
darum geht auf eine friedlichere und gerechtere Welt hinzuwirken. Die Werte, für
die die EU steht, werden nicht immer gelebt, negative Effekte ausgeblendet und
Prävention zu kurz gedacht.
Wir fordern, dass neben den bestehenden Programmen und Initiativen im
Praxisbereich der Prävention auch mehr in wissenschaftliche Programme investiert
wird, die es uns ermöglichen, andere Länder und Kulturen noch besser zu
verstehen. Anders als in den USA gibt es in Europa noch kein großes, ausgebautes
Netz an Expertinnen und Experten, die die Diplomatie mit ihrem Wissen über
andere Staaten und Gesellschaften intensiv unterstützen können. So ein
weltweites Netzwerk und die klassische Friedens- und Konfliktforschung müssen
als integraler Bestandteil eines nach Frieden strebenden Europas verstanden
werden. Sie sind kein nettes Beiwerk einer europäischen Sicherheitspolitik
sondern notwendige Vorraussetzung für nachhaltige Sicherheits- und
Friedenspolitik.
Auch in der gemeinsamen klassischen Außenpolitik gibt es viel zu gestalten.
Selbst ständige Sicherheitsratsmitglieder wie Großbritannien und Frankreich
wirken relativ einflusslos in Anbetracht aufstrebender Mächte wie China und
Indien, aber auch im Vergleich zu den über ihre Region hinaus sehr
einflussreichen Golfstaaten oder dem unkooperativ wirkendem Russland. Die
Machtpolitik die von diesen Staaten und den noch-dominanten USA ausgeht ist
keine Blaupause für das, was sich pro-Europäer*innen für eine gemeinsame Außen-
und Sicherheitspolitik wünschen sollten. Aber sie stellt die EU und Europa vor
Herausforderungen, die nur gemeinsam bewältigt werden können. Dazu braucht es
eine weitere Stärkung des europäischen Auswärtigen Dienstes, einer noch besseren
Koordinierung zwischen den Außenministerien der EU, Entscheidungen des Rates im
Mehrheitsprinzip und nicht zuletzt ein zurücktreten nationaler Akteur*innen zu
Gunsten der europäsichen Außenbeauftragten, damit die EU auf internationalen
Bühnen de facto mit einer Stimme sprechen kann.
Die EU an sich ist ein Friedensprojekt - bewahren wir es!
Die EU ist weltweit in ihrer Struktur einzigartig. Sie basiert auf einem
Prinzip, das nirgends anders politisch so intensiv und umfänglich gelebt wird:
Die Abgabe von Kompetenzen des Nationalstaats um gemeinsame Politik einer
supranationalen Souveränität zu ermöglichen. Die EU ist in gewisser Weise ein
Fluchtpunkt des Multilateralismus. International gibt es viele erfolgreiche
multilaterale Ordnungen, doch nirgends sind die Verflechtungen zwischen den
Staaten so eng, die Ordnung so stabil, die Akzeptanz so hoch. Die EU hat den
Friedensnobelpreis bekommen, weil sie das erfolgreichste Friedensprojekt ist,
was es je gegeben hat. Die Bedeutung der EU als Friedensprojekt zu banalisieren
bedeutet vor allem, die Gefahr eines neuen großen Krieges in Europa
auszublenden. Multilateralismus, Zusammenarbeit auch bei Konflikten und nicht
nur als Resultat gemeinsamer (machtpolitischer) Interessen sind Chancen zum
Frieden, wie es keine anderen gibt. Dieser Tatsache kann man sich nicht oft
genug bewusst werden.
Die EU als Verfechterin des Multilateralismus in Zeiten von ‘America First’
Die Angriffe auf den Multilateralismus als Prinzip wie sie von den USA, Russland
aber auch China und anderen ausgehen, sind die wohl größte, ja historische
Herausforderung unserer Zeit. Weil nichts anderes als das bisschen Frieden, was
es schon gibt, auf dem Spiel steht. Gemeinsam mit Menschen auf der ganzen Welt
müssen Grüne deshalb in Europa und vor allem in der EU dafür kämpfen, dass
dieses Prinzip wieder gestärkt wird.
Das kann die EU nur mit einer gemeinsamen Stimme. Und das ist genau die
Definition von Stärke, die Bündnis 90/ die Grünen in die Welt und vor allem in
die EU tragen müssen. Die EU, die als höchsten Zweck den Frieden im Inneren hat,
muss sich um sich selbst kümmern, den inneren Frieden in der EU und Europa
fördern und mit gleichem Einsatz im Sinne des Friedens die Welt mitgestalten.
Die komparative Stärker einer gemeinsamen Außenpolitik der Europäischen Union
ist nicht das autoritäre oktroyieren von Regeln. Es ist, wie in der EU selbst
praktiziert, die Verhandlung, das Gespräch und der Kompromiss. Den Tendenzen zum
Totalitären, die in den politischen Entwicklungen in Russland, China der Türkei
und teilweise auch bei den USA zu entdecken sind, muss die EU die
Widerstandsfähigkeit eines demokratisch verfassten Gemeinwesens entgegenstellen.
Demokratie, Rechtsstaate und Menschenrechte sind nicht nur ein hohes Gut für die
Bürger*innen selbst, wenn sie gerecht umgesetzt werden, haben sie auch die
Strahlkraft Bürger in totalitären Systemen zu inspirieren und zu ermutigen.
Solidarisch nach Innen und Außen
Die europäische Krisenpolitik, sowohl die der Finanz- als auch die der
Migrationskrise, haben die mögliche gemeinsame Stimme in der EU weiter
geschwächt. China, aber auch Russland und selbst kleine Staaten wie
Aserbaidschan haben diese Stimme durch bilaterale Kooperationen, in denen
Investitionen mit politischen Schweigepflichten verknüpft wurden, stumm gemacht.
Die Austeritätspolitik fällt der EU nachträglich auf die Füße, die
innereuopäische Nicht-Solidarität hat sich in Nicht-Loyalität verwandelt. Wie
man in den Wald ruft, so schallt es hinaus. Hier wieder Vertrauen zu schaffen
muss die erste Priorität sein. Auch zwischen den Gesellschaften. Die
Verwerfungen zwischen Deutschen und Griechen ist immer noch spürbar, es hat sich
was geändert in Europa.
Eine einige EU ist die Bedingung für eine gemeinsame Außenpolitik und das
Sprechen mit einer Stimme. Dazu bedarf es der verstärkten Solidarität zwischen
den Menschen die in der Europäischen Union leben, aber auch einer vermehrten
Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger an den Politikprozessen in der
Europäsichen Union teilzunehmen. Mit einer stärkeren sozialen Integration und
einer Vertiefung der Demokratie in der Europäischen Union, wird die EU auch nach
Außen handlungsfähiger. Das muss in der Zukunft das Ziel der EU sein.
Neue Partner*innen suchen und finden
Anders als die USA und anderen Staaten ist die EU keine militärische Weltmacht
und sollte das auch nicht anstreben. Statt auf sich auf die Stärke der Armee zu
berufen, muss sie sich auf die Stärke ihrer Argumente und die Leuchtkraft ihrer
sozialen und demokratischen Verfasstheit verlassen.
Der Schutz von Menschenrechten, die zentrale Stellung der Würde des Einzelnen,
der Wert der Pressefreiheit, das Streben nach Rechtsstaalichkeit und
Gerechtigkeit, als das macht die EU aus. Aber diese Werte sind keine
Alleinstellungsmerkmale. Es gibt weltweit Staaten, die sich ihnen gleichermaßen
verschrieben haben und - ähnlich wie in der EU - unterschiedlich erfolgreich in
der Umsetzung sind. Mit ihnen müssen wir weiter an der Erhaltung und Verbreitung
dieser Werte arbeiten. Die Versprechen der Demokratien (Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit) wurden zwar bis heute nirgends vollends verwirklicht, sie
bleiben aber richtig.
Die EU muss ihre Partnerschaften nach diesen Werten ausrichten. Das heißt nicht,
dass Kooperationen mit Staaten, die keine Demokratien sind, verunmöglicht werden
sollen. Im Gegenteil - Multilateralismus ist gerade wegen der unterschiedlichen
Systeme von entscheidener Bedeutung. Es ist das einzige Prinzip, dass über
Systemfragen hinaus Ordnung schaffen kann, die Frieden fördert.
Immer schön authentisch bleiben - Glaubwürdigkeit ist eine Währung
Die europäischen Werte strahlen um so kräftiger, je stärker die Werte, die die
Union ausmachen sollten, auch eingehalten werden. Und zur Zeit gibt es leider
Vieles, was diesem Wertefundament nicht entspricht. Allen voran eine
Flüchtlingspolitik, die auf Abschreckung, die Verlegung von Außengrenzen in
Drittstaaten und dreckigen Deals mit Diktatoren setzt. Diese aggressive Politik
setzt nicht nur an der falschen Stelle an und bringt unendliches Leid mitsich,
sie schadet auch der außenpolitischen Glaubwürdigkeit und damit einer der
vermeindlichen Stärken der EU.
Es liegt im Interesse der Europäischen Union und im Interesse von Geflüchteten
und Migrant*innen, dass es die Lebensperspektiven auf dem afrikanischen
Kontinent und im Nahen Osten besser werden. Die kurzfristig angelegte neue
Kooperation mit Diktatoren zur 'Flüchtlingsbekämpfung' ist nicht nur menschlich
falsch, sie läuft auch dem langfristigen Ziel zuwider. Statt sie mit dem
Aufhalten von Geflüchteten zu beschäftigen, dürfen autoritäre Regime nicht
weiter unterstützt werden, denn diese treiben Menschen zu Flucht.
Wir Bündnis 90/DIE GRÜNEN wollen eine starke EU-Außenpolitik. Eine, die auf die
das geflügelte Wort der Wertegemeinschaft ernst nimmt und auch in diese zum
Maßstab der Beziehungen nach Außen macht.
Sara Nanni und Michael Bloss:
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